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Vier Elemente – Die Luft und die Erde

19.10.2014 bis 06.01.2015
Kunst-Raum-Akademie Weingarten

Dr. Tobias Wall, Kunsthistoriker, Auszug aus der Eröffnungsrede, Weingarten, Sonntag, 19. Oktober 2014
Also beginnen wir unten, bei der Erde und beim Werk von Barbara Karsch-Chaïeb. Wir sehen eine Reihe unterschiedlicher Bilder in einer reduzierten Formensprache und gedämpften Farbtönen. Es dominieren horizontale oder vertikale Streifen, auch ein aus farbigen Bändern geflochtenes Werk ist dabei, doch finden sich auch Schrägen oder ganz freie, gestische Formengebilde. Was wir hier sehen ist keine Malerei, das zu betonen ist Barbara Karsch-Chaïeb wichtig, es sind Material-Bilder und ihr Material ist „Erde“. Sie arbeitet mit Farbstoffen, die aus Erden und Gesteinen aus der ganzen Welt hergestellt sind, Ocker aus Marokko oder Andalusien, Grün aus Island. Für diese Ausstellung hat sie auch mit Erde aus Weingarten gearbeitet. Aber auch Ölschiefer aus ihrer Heimat am Fuß der Burg Hohenzollern ist dabei. Erde ist für sie nicht irgendein Material, sondern ein Stoff mit tiefer existenzieller Bedeutung: Erde ist Heimat, wie eben der Ölschiefer, aus dem Ort, wo die Künstlerin geboren wurde, Erde ist auch Geschichte, der Schiefer wurde im nahen KZ unter den Nazis und unmenschlichen Verhältnissen zu Öl verarbeitet und heute? – wird er im Wellness-Bereich als Fango eingesetzt. Und so oder ähnlich ist jede Erde von Island bis Marokko mit dem Schicksal von Menschen verbunden, Menschen, die auf ihr säen, um sie kämpfen, die von ihr vertrieben werden, die sie ausbeuten oder auch zerstören. Solche Überlegungen begleiten Barbara Karsch-Chaïeb bei ihrer Kunst. Sie formen die Haltung und Intuition, mit der sie zu Werke geht. Die Vision der Künstlerin ist es, in ihrem Werk all diesen Schicksals-Erden ein Archiv zu schaffen. Allerdings formuliert die Künstlerin in ihrer Kunst niemals bestimmte Themen aus oder illustriert sie gar. Jedes ihrer Werke entsteht intuitiv, in der unmittelbaren Auseinandersetzung mit dem Erdmaterial. Sie sehen, dass Barbara Karsch-Chaïeb mit ihren Erden ganz unterschiedlich verfährt.
Sie arbeitet häufig in Schichtungen, bei denen sie das Material mit dem Pinsel oder Spachtel aufträgt. Manchmal, etwa bei den Werken aus der Serie Fields, beginnt sie mit freien expressiven Rötelzeichnungen auf der Leinwand, über die sie dann Erdfarben legt und schließlich mit dem Pinsel breite, ruhige Streifen darauf malt. Die Werke aus der Reihe Abriebe entstanden hingegen eher zufällig beim Einfärben von Farbbändern. Es gibt auch Monotypien, die im Abklatschverfahren entstanden und sogar eine eingefärbte Leinwand, die sie der Witterung aussetzte.
Wissen Sie, was mir an den Weingartner Ausstellungen so besonders gut gefällt? Wenn die Werke mit diesem fantastischen Raum in Korrespondenz treten. Das ist auch bei Barbara Karsch-Chaïeb der Fall und zwar vor allem bei einer Arbeit im Treppenhaus: Es sind hier nicht so sehr die zwei dunklen Streifenelemente, die ein Kreuz zu bilden scheinen, es ist vielmehr die wunderbare Korrespondenz der Farben auf dem Bild mit denen im Stuck der Decke.
Im Nebengang sehen sie eine Installation von Betty Beier zum Thema Erde. Wie auch Barbara Karsch-Chaïeb setzt sich die Künstlerin mit der Tatsache auseinander, dass Erde heutzutage immer vom Menschen geformte Erde ist. Land ist immer Kulturland und spiegelt als solches historische, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen.
Die gesamte Rede findet sich unter folgendem link:

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